In Italien ist ein siebenjähriger Bub – nach 15 Tagen der Erkrankung – an einer Hirnentzündung infolge einer beidseitigen Mittelohrentzündung verstorben. Die Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin (ÖGHM) ist bestürzt über dieses dramatische Ereignis und nimmt diesen traurigen Fall zum Anlass wieder einmal darauf hinzuweisen, dass Krankheiten generell sehr ernst genommen werden müssen.
Die Eltern haben dem Bub die lebensrettenden Antibiotika verweigert, der Homöopath habe die Eltern davor gewarnt, ihren Sohn ins Krankenhaus zu bringen, so lauten die Berichte in der italienischen Presse. „Hier liegt offenbar ein massiver Behandlungsfehler vor“, so Dr. Erfried Pichler, Präsident der ÖGHM, Allgemeinmediziner und Leiter der Ambulanz der Kinderonkologie im Klinikum Klagenfurt. „Antibiotika wären in diesem Fall notwendig gewesen. Es ist auch nicht verständlich, dass der Bub 15 Tage lang ohne erfolgreiche Behandlung in einen immer schlechter werdenden Zustand geriet, ohne dass entsprechend gehandelt wurde. Das ist mit unserem ärztlichen Selbstverständnis nicht vereinbar. Meiner Erfahrung nach bringen homöopathische Interventionen mit homöopathischen Arzneimitteln Verbesserungen innerhalb von Stunden. Und wenn sich keine Besserung einstellt, muss selbstverständlich eine weitere Abklärung der Krankheit und eventuell eine Änderung der Therapie erfolgen.“
In Österreich verfügen alle Homöopathen auch über eine allgemeinmedizinische, sogar häufig auch fachärztliche Ausbildung. „Der homöopathiekundige Arzt entscheidet dann, ob er mit homöopathischen Arzneien oder mit konventionellen Medikamenten behandelt“, so Pichler weiter. Prinzipiell gelte: 80 Prozent aller Ohrenentzündungen würden durch Viren ausgelöst werden. Hier helfen bekanntlich keine Antibiotika. Ob zur Schmerzlinderung und zur Abschwellung homöopathische oder konventionelle Arzneien eingesetzt werden, bleibe dem Arzt überlassen. Die konventionelle Medizin empfiehlt zur Behandlung von Mittelohrentzündungen den Einsatz von Schmerzmitteln und Nasentropfen. Nur wenn eine bakterielle Infektion vorliegt, also in 20 Prozent der Fälle, kommen Antibiotika zum Einsatz. Die Homöopathie – als individualisierte Therapie – hat verschiedene Mittel zu bieten: Belladonna, Apis, Phytolacca, um nur einige zu nennen. Dennoch warnt die ÖGHM an dieser Stelle vor Selbstmedikation. Pichler: „Wir können allen Eltern nur raten: bei Ohrenschmerzen sofort mit dem Kind zum Arzt!“ Alle Ärzte in Österreich (egal ob Vertreter der konventionellen oder homöopathischen Medizin) sollten sich an die medizinischen Leitlinien der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (OEGAM) halten, wonach bei unkomplizierten Mittelohrentzündungen eine sofortige antibiotische Therapie nicht erforderlich ist. Die Diagnose kann nur durch einen Arzt oder eine Ärztin erstellt werden.
Bild von Dr. Erfried Pichler zur honorarfreien Verwendung (Copyright: DeSt)